Die geborgte Weiblichkeit

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Ich habe meinen Gastbeitrag hier ganz bewusst „Die geborgte Weiblichkeit“ genannt, da ich als Mann auf die Welt gekommen bin, aber mit der Zeit die schönen Dinge des weiblichen Geschlechts lieben gelernt habe. Aber wie kann es sein, darf man als Mann Interesse an femininen Sachen finden kann? Das ist sehr gut möglich und ich bin bei Weitem nicht der Einzige, der diesen Drang in sich verspürt. Menschen die so empfinden werden „Crossdresser“ genannt. Wenn Ihr euch jetzt fragt, was ein Crossdresser überhaupt ist, dann ist die Definition dazu recht schnell erklärt, das Wie oder Warum, nimmt allerdings etwas mehr Zeit und Aufklärung in Anspruch.

Ich möchte Euch jetzt nicht ganz im Dunkeln stehen lassen und gebe Euch schon mal eine kleine Erklärung zum Begriff „Crossdresser“: Ich bin ein Mann, der gern Frauenkleidung trägt.
Wikipedia erklärt dies etwas ausführlicher: „Der Begriff Cross-Dressing/Crossdresser bzw. gegengeschlechtliche Bekleidung bezeichnet, unabhängig vom jeweiligen Beweggrund, das Tragen der spezifischen Bekleidung eines anderen Geschlechts. Das Cross-Dressing wird nur als Transvestitismus oder auch Transvestitischer Fetischismus verstanden, ohne mit der eigenen Geschlechtsidentität zusammenzuhängen. Während dies natürlich auch der Fall sein kann, gibt es nicht nur viele Transfrauen, welche später vollständig die Geschlechtsrolle wechselten, die von entsprechenden Phasen berichten. Immer mehr männliche Cross-Dresser versuchen auch, das Empfinden von Weiblichkeit in ihr Leben zu integrieren.“

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Sicherlich seid Ihr auch daran interessiert, warum ich mich hier vorstellen möchte und warum ich dazu diesen Gastbeitrag geschrieben habe. Ich bin Jennifer und eigentlich ein Mann. Jennifer? Mann? Früher war „Transvestit“ ein gebräuchlicher Name für Männer wie mich, aber heutzutage hat der Begriff „Crossdresser“ (CD) Einzug in den dt. Sprachschatz gefunden. Mit wenigen Worten umschreibt man damit, dass man als Mann eine weiblich Rolle übernimmt, sich feminin kleidet und sein Leben an weiblichen Richtlinien festmacht. Eigentlich gefällt mir der Zusatz „CD“ nicht wirklich. Ich möchte als Frau wahrgenommen und nicht in einen Begriff „gezwängt“ werden. Mit meiner heutigen Vorstellung, möchte ich euch das Thema „Crossdresser“ etwas näher bringen, um zu verstehen, warum Männer eine Vorliebe für weibliche Alltagsdinge und feminine Werte entwickeln.

Der Wechsel vom Mann- zum Frausein, kam freilich nicht über Nacht – es war ein langer Prozess, der in Schritten ablief. Rückblickend kann ich sagen, dass ich mich schon recht früh für viele weibliche Dinge interessierte. Die Anfangszeit war etwas befremdlich für mich, da ich mich außerhalb normaler Gesellschaftsnormen wiederfand. Woher kam (bsw.) das plötzliche Interesse für Make Up? Wieso schaute ich mich nun in Bekleidungsgeschäften nach Damenmode um? War es nur der Reiz an etwas Neuem oder war ich tatsächlich auf der Suche nach einer neuen Rolle in meinem Leben? Für mich war Mode schon immer ein großes Thema und Damenmode fand ich besonders aufregend – sie ist so schön vielfältig und kombinierbar.

Somit hat es auch nicht lange gedauert, bis ich mein erstes Kleid mein Eigen nennen durfte. Als ich mich das erste Mal im Spiegel im Kleid betrachtete, hat mir das noch nicht wirklich gefallen, irgendetwas hat noch gefehlt. Im Spiegel sah ich lediglich einen Mann der ein Kleid trug, was alles andere als feminin erschien. Dies führte mich dazu, mich mit Make Up auseinander zusetzen, um meinem Gesicht den nötigen weiblichen Look zu verpassen. In Make Up-Dingen völlig unerfahren, mußte ich mir die dafür nötige Hilfe holen und fand diese in einigen Foren, bzw. in meinem Freundeskreis. Von nun an zählten Lippenstift, Cremes, Foundation, Rouge, Mascara, Nagellack, Lipgloss, Eyeliner und Lidschatten auch zu meinem Sprachgebrauch. Allerdings zeigten sich erste Schminkversuche noch ohne jedes brauchbares Ergebnis. Dies änderte sich mit der Zeit, was das Make Up-Auftragen für mich zur reinen Routine machte.

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Mit dem Kauf einer Perücke, fügte sich ein weiteres Puzzleteil ins große Ganze ein. Nun wollte ich natürlich sehen, wie all die neu erworbenen Sachen zusammen wirkten. Mit meinem Kleid, dem Make Up und der Perücke sah ich im Spiegel nun nicht mehr einen Mann, sondern eine Frau. Dieser Anblick hat mir sehr gut gefallen und veranlasste mich, des öfteren in diese neue Rolle zu schlüpfen. Dies hatte auch zur Folge, daß ich meinen weiblichen Kleiderfundus vergrößern musste – wer trägt denn schon gerne immer nur das selbe Kleid. Mit der Zeit kamen weitere Kleider, Röcke, Blusen, Bodys, Blazer, Schaltücher, Damenschuhe, usw. zusammen, was bald meinen Kleiderschrank überforderte. Mit der Zeit verwandelte ich mich immer häufiger in meine feminine Rolle, was auch einen Namenswechsel mit sich brachte. Mir gefiel schon immer der Name „Jennifer“ – mit ihm verbinde ich Schönheit und halte ihn für einen modernen Namen unserer Zeit.

Fortan gab es fast keinen Tag mehr, wo ich nicht meine männliche Alltagsroutine hinter mir lies und mir meinen femininen Werten bewußt wurde. „Jennifer“ spielte nun eine immer größere Rolle in meinem Leben. Ich fand es toll mich jeden Tag schminken zu können und so ein neues Gesicht im Spiegel erblicken zu können. Ich wurde immer modebewusster und finde es toll, den Zwang nach Hosen, den man als Mann ausgesetzt ist, endlich ablegen zu können. Ich liebe es Röcke oder Kleider zu tragen, diese mit schicken Accessoires zu kombinieren, um ihnen eine schöne weibliche Note zu verleihen. Und da seit einigen Jahren auch wieder Leggings „trendy“ geworden sind, zähle ich diese nun auch zu meinen Lieblings-Kleidungsstücken. Und wie so manch andere Frau, habe auch ich ein Faible für Schuhe entwickelt – an schönen Absatzschuhen komme ich meist nicht vorbei.

Im Laufe der Zeit als „Jennifer“, bin ich mit vielen Leuten in Kontakt gekommen. Die einen finden meinen eingeschlagenen Weg gut, die anderen können dies nicht verstehen. Ich mache keinen einen Vorwurf, wenn er mit dieser neuen Situation nicht zurecht kommt. Jeder darf seine Meinung äußern, auch wenn sie von Ablehnung geprägt ist. Auf der anderen Seite habe ich einige neue Freundschaften gefunden und weiß somit, dass es Leute gibt, die für alles offen sind und interessiert an mein Leben herangehen, viele Fragen stellen und sich die Antworten geduldig und wissbegierig anhören. Ich habe meine bisherige Zeit als „Jennifer“ sehr genossen und auch schon viele schöne Dinge erlebt und unternommen.

Ich hoffe, dass ich euch mit meiner Vorstellung einen ersten kleinen Einblick in meine Gefühls- und Gedankenwelt vermittelt habe. Vielleicht versteht manche Frau nun, warum es da draußen Männer gibt, die offen ihre feminine Seite Ausleben und gefallen in weiblichen Alltagsdingen finden.

Jennifer Behrs

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